Sonnenaufgang bis Untergang in Bagan

Der Freitag gestaltete sich recht ruhig. Während Micha mit Fahrrad zu heißen Quellen gefahren ist, bin ich gechillt im Hostel geblieben. Bei der Hitze brauche ich nicht noch heiße Quellen.
Zum Mittag habe ich mir beim Inder zwei Papadam gegönnt, da ich bei der Hitze auch nicht viel Essen brauche. Danach habe ich versucht, eine Sim-Karte für mein iPhone zu bekommen, was sich als unmöglich rausstellte, da es keine Nano-Sim gab. Dafür bin ich dann spontan über einen kleinen Markt und dann gemütlich wieder ins Hostel gewandert.
Abends wurden wir dann – witziger Weise mit dem chilenischen Pärchen zusammen – abgeholt und zum Busbahnhof gefahren. Auf nach Bagan!

Die Fahrt gestaltete sich nicht so angenehm wie die letzte, obwohl wir auch diesmal einen „VIP“-Bus gebucht hatten. Unsere Tickets wurden nichtmal kontrolliert, der Bus war viel älter und nicht ganz so komfortabel. Auch lief kein Mad Max im Fernsehen, weil es keinen Fernseher gab. Immerhin wurde der Bus nicht ganz so schlimm runtergekühlt. Oder man merkt es einfach nicht mehr ganz so sehr. Es gab zwar für jeden ein Nackenkissen, aber Schlaf war unmöglich zu finden – die Strecke war zu holperig.
Irgendwann war man halt in Bagan, der Bus spuckte seine Ladung aus – wir bekamen das nur nach und nach mit, weil keiner wirklich mit uns sprach. Und dann standen wir alle da und wurden, obwohl mitten in der Nacht, von tüchtigen Taxifahrern umringt die uns natürlich alle fahren wollten.

Aufgrund der Müdigkeit nahmen wir einfach einen, mit dem Angebot, uns zu einem Hostel in Nyaung U zu bringen und das so lange, bis uns eins gefällt. Wir nahmen das dritte und landeten im Pyinsa Rupa. Bezahlbar, aber schön und sauber geht etwas anders. So steht das auch im Reiseführer, den wir aber erst zur Hand nahmen, als wir schon eingecheckt hatten. Für drei Uhr nachts ok. Ab ins Bett und schlafen – sofern man denn schlafen kann. Die Schlaflosigkeit ist noch immer mein steter Begleiter. Manchmal ist es eher die Frage nach dem Huhn oder dem Ei… was ist zuerst da? Die kreisenden Gedanken oder die Schlaflosigkeit? Jedenfalls folgt eines aufs andere und wieder zurück.

Daher habe ich den Großteil des Samstags auch damit zugebracht, abzuhängen. Micha hat schon mal die Gegend erkundet und was gegessen. Gegen späten Nachmittag sind wir dann zu einem Spaziergang aufgebrochen, haben – oh Wunder ;) – eine Pagode gesehen und sind letztlich am Ufer des Ayeyarwady gelandet um den Sonnenuntergang zu betrachten. Begleitet wurden wir dabei von einer sehr kleinen jungen Frau, die uns den Weg gezeigt und was zur Aussicht erzählt hat und dann immer wieder auf ihr tragisches Leben zu sprechen kam. Natürlich wollte sie Geld haben, aber unsere Herzen hatte sie schon erweicht, daher konnten wir auch nicht mehr nein sagen.
Gerade als die Sonne untergegangen war und wir auf dem Rückweg, kamen ein paar Deutsche des Weges, ärgerten sich über die 5 Minuten zu spät und wir kamen ein bisschen ins Gespräch. Insgesamt gibt es hier sehr viele Deutsche.
Auf dem Heimweg haben wir einen Kutschenfahrer angesprochen, ob er uns am nächsten Tag durch Bagan fahren würde, angefangen mit dem Sonnenaufgang bis hin zum Sonnenuntergang. Wir verabredeten uns auf 5 Uhr in der früh und machten uns – mit einem kleinen Umweg über eine kalte Cola – auf ins Hostel um noch ein wenig Schlaf zu finden. Der, zumindest bei mir, nur schwer zu finden war. (Wahrscheinlich hat der Osterhase ihn zu gut versteckt)

Um halb 5 aufzustehen nach gefühlt keinem Schlaf ist natürlich so eine Sache. Wenn man dann aber in der Kutsche aufgrund der unebenen Wege gut durchgeschüttelt wird, vergisst man schnell wie müde man eigentlich ist. Wir wurden direkt zu einer der pyramidenartigen Pagoden gefahren, die man erklimmen kann um über die gesamte Anlage hinwegzublicken und die Sonne aufgehen zu sehen. (Wer fleißig das Berliner Fenster im letzten Monat verfolgt hat, hat die Information vielleicht auch gesehen, dass die Regierung von Myanmar sämtliches Besteigen der Pagoden in Bagan aufgrund von Fehlverhalten der Touristen verboten hat – Entwarnung: Davon hat man hier offenbar nichts mitbekommen.)

Das gute am Müde sein ist, man vergisst vielleicht mal was. Oder man denkt nicht an Konsequenzen. Als ich die Pagode zur Hälfte erklommen habe, und man spricht hier wirklich von Klettern, denn die Stufen sind wirklich sehr hoch (Ich frage mich, was die sich dabei gedacht haben. Mal ehrlich… die Menschen hier sind wirklich nicht groß!), habe ich aus versehen einen Blick nach unten geworfen. Da wurden mir in Windeseile sehr viele Dinge klar. a) Shit, ich habe doch Höhenangst, b) das ist jetzt schon verdammt hoch, c) ich muss das auch wieder runter, d) DAS SCHAFFE ICH NIE RUNTER!
Mir ist tatsächlich erstmal ein bisschen schwummerig geworden, also hab ich kurz Pause gemacht. Die Erfindung der Höhenangst war wirklich nicht gut durchdacht. Man hat Angst vor der Höhe, es wird einem schwindelig – und dann wird’s gefährlich. Macht doch gar keinen Sinn!
Jedenfalls habe ich entschieden nicht mehr runterzusehen und weiter zu klettern. Auch wenn das mulmige (untertrieben) Gefühl jetzt da war. Oben angekommen habe ich mich direkt hingesetzt, so dicht wie möglich am Abstieg und habe mich gegen dann Stein im Rücken gedrückt.

Der Ausblick war die Mühe natürlich wert. Wir haben eine Weile auf die Sonne gewartet und viele Fotos gemacht. Solange ich Fotos mache, denke ich nicht viel nach, das tut ganz gut. Sobald ich die Kamera aber wieder sicher verpackt hatte, ging eine leichte Panik in mir auf. Punkt d) wiederholte sich wie ein Mantra in meinem Kopf. Aber es bleibt einem ja keine Möglichkeit. Sobald die meisten weg waren und der Weg frei, begann ich den langsamen Abstieg – rückwärts und stets nur auf die nächste Stufe schauend, immerzu irgendwo festhaltend. Als ich endlich unten war, war ich schon ein wenig stolz auf mich. Ob sich das ganze gegen Sonnenuntergang noch mal wiederholen ließe ließ ich in diesem Moment erst einmal offen.

Nun begann die eigentliche Tour – kreuz und quer (gefühlt – das hat sicher schon Sinn gemacht so) mit der Kutsche durch Bagan. Kutschfahrten sind nicht wirklich bequem. Also auch wenn die Kutsche gepolstert ist, bequem geht anders. Trotzdem ist es ein schöner Ausflug gewesen – mit vielen Pagoden! Nicht selten waren einmal mehr wir die Attraktion und Wunschmotiv auf den Bildern der hauptsächlich asiatischen Touristen. Diesmal habe ich gleich mein eigenes Handy mit ins Spiel gebracht und auch Fotos machen lassen. Meistens wurde dabei aus einem Foto je ein Foto mit jedem Familienmitglied. Und wir reden hier von großen Familien. Dann wird einfach mal durchgelächelt und am Ende sind alle glücklich und zutiefst Dankbar.
Bei einer Pause bei Wasser und Melone haben wir unsere erste Schlange gesehen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich es beruhigend oder beunruhigend finden soll, dass die Einheimischen genauso erschrocken aufgesprungen und rumgekreischt haben wie wir. Ok, wir haben nicht gekreischt, aber die schon! Wir reden hier übrigens von einer kleinen 1-1,5m langen, grünen Schlange. Also keine riesige. Dass die auch einfach so auf Stühle und Tische klettern kann, hat allerdings vorher keiner gesagt!
Riesige Aufregung im Restaurant, alle Angestellten auf den Beinen, einer macht sich einen Spaß, er steht neben Micha und zwickt ihn und lacht sich herzlichst darüber kaputt. Ein Spaß, den sich in Folge mehrere machen. Er erzählt von seinem kleinen Streich auch zweimal in unserem Beisein. Nicht, dass wir seine Worte verstehen, aber die Zeichensprache für „zwicken“ und „erschrecken“ ist international.

Nach dem Schreck können wir sehr gern weiterfahren. Wir merken auf unserer knapp siebenstündigen Tour schnell, dass die ganzen Souvenierverkäufer, die sich um die Pagoden gesammelt haben, eine kleine List verwenden um einen mehr oder weniger zum kaufen zu überreden. Meistens schicken sie ihre wirklich süßen Kinder vor, oftmals sprechen sie einige Sätze in den gängigen Sprachen und erklären einem alles über die Pagode in der man sich befindet, wo der schönste Aussichtspunkt ist und welche Pagoden man umliegend sieht. Danach wollen sie einem „nur noch schnell“ ihren Verkaufsstand zeigen und lassen so bald auch nicht locker. Erst gegen Abend wird man dieser Masche wirklich müde und ignoriert die freundlichen Anfragen auch mal.

Gegen 12 bringt uns unser Fahrer zurück zum Hostel. Nicht nur er und seine tapfere Stute, auch wir haben eine Pause mehr als verdient. Die Mittagshitze macht sich langsam breit und nun duschen und in ein Zimmer mit Klimaanlage verschwinden – das ist ein Traum! In der Hotellobby treffe ich auf Lars, nach einem kleinen Schwatz auf Englisch frage ich ihn woher er kommt und er meint so halt aus Deutschland. Wir fachsimpeln über die Frage, was die ganzen Deutschen hier eigentlich wollen. Er hat einen guten Tipp für unseren Trip zum Strand im Süden und kommt später vorbei um uns die exklusivste und detaillierteste Karte der Gegend zu geben – selbstgezeichnet.

Wie verabredet holt uns unser Fahrer um 4 Uhr wieder ab. Er ist nicht mehr unser Fahrer, wahrscheinlich ein Verwandter, vielleicht der Vater. Aber Pferd und Kutsche sind gleich und er lächelt uns gleich zu. Wir sind noch schnell beim Essen, aber gleich startklar.
Es gibt noch ein paar kleinere Pagoden zum aufwärmen und dann geht es zur größten Erkletterbaren um den Sonnenuntergang zu sehen.
Da oben ist es schon reichlich voll ist, müssen wir uns ein bisschen beeilen, um noch einen annehmbaren Platz zum fotografieren zu finden. Ein weiteres Mal stelle ich mich der Herausforderung und wir schaffen es immerhin bis zur zweithöchsten Ebene. Ein Glück, dass es hier an der Treppe ein mehr oder minder sicheres Geländer gibt an dem ich mich festklammern kann.
Oben wimmelt es von deutschsprachigen Touristen. Wir quetschen uns in eine Ecke und können einige schöne Aufnahmen machen. Leider ist der Sonnenuntergang nicht so spektakulär. Eher so, als hätte jemand einfach das Licht ausgeknipst.
Ein ganz mutiger Spaßvogel klettert auf die Brüstung und lässt sich dort fotografieren. Mir wird schon vom hinsehen schlecht.

Zurück am Hotel verabreden wir uns mit Lars und Lisset (für Richtigkeit der Schreibweise übernehme ich mal keine Verantwortung), seiner philippinischen Mitbewohnerin noch was trinken zu gehen und lassen den langen Tag ausklingen.

~ Jule ~

Ein Gedanke zu „Sonnenaufgang bis Untergang in Bagan

  1. Heute habe ich im WWF-Magazin einen Artikel über Myanmar gelesen. Ich wusste nicht, dass es in dem „goldenen Land“ – deine Fotos beweisen, dass das Land diesen Beinamen zu Recht trägt – so viele interessante Tiere gibt. Ob ihr auch noch auf Elefanten trefft? Ein Elefanten-Ritt wäre auch mal ein Fortbewegungsmittel anderer Art und – wer weiß – sogar angenehmer als so mancher „Bus“ :-)

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